Das WIN-Kolleg
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die Mitte des Jahrtausends diese Entwicklung auslösten. Nicht fehlen darf in diesem
Kontext schließlich die bestbekannte antike Reichsbildung. Filippo Carla (Mainz)
setzte sich mit der langen Forschungsdebatte über die Frage auseinander, ob und ab
wann das Römische Reich ein nach außen begrenztes Herrschaftsgebiet kannte und
welchen Charakter demnach seine „Grenzen“ hatten.Während die Forschung heute
dazu neige, das Bild einer mit der inneren Territorialisierung zunehmend scharfen
Begrenzung des römischen Herrschaftsgebietes nach außen durch die Kontinuität
einer offenen „frontier“ zu ersetzen, der ein nie aufgegebener Herrschaftsanspruch
auch jenseits von Rom selbst verwalteter Territorien entsprach, kam Carla zu dem
Ergebnis, dass beide Konzepte schon seit der mittleren Republik nebeneinanderher
existierten und je nach Kontext in der diskursiven und praktischen Ausgestaltung
römischer Herrschaft Anwendung fanden.
In seinen zusammenfassenden Schlussbemerkungen umriss Tonio Hölscher
zentrale Probleme, die sich aus der Diskussion der Tagung für die weitere Arbeit an
diesen Fragen ergeben: die gemeinschafts- und zugehörigkeitsstiftende Funktion von
Raumordnungen, aber auch die in archäologisch und historisch rekonstruierenden
Forschungen notwendigerweise unterrepräsentierte Fluidität und Instabilität solcher
Konstruktionen; oder das bereits bei Marc Redepenning angesprochene Problem, ob
und wie man, trotz des unbestrittenen Konstrukt-Charakters von Raum, auch die
physischen Gegebenheiten von Räumen als Bedingung ihrer Konzeptionalisierun-
gen, Semantisierungen oder Imaginationen einbeziehen und beschreiben kann, ohne
in alte ontologisierende und deterministische Raum-Modelle zurückzufallen. Die
Tagung zeigte mit diesen und anderen Punkten das generelle Potential dieser Fragen
für die Altertumswissenschaften, vermittelte aber auch für die weitere Arbeit im
WIN-Projekt zahlreiche Anregungen.
III. 2011 erschienene oder abgeschlossene projektrelevante Publikationen
Rachele Dubbini: Dei nello spazio degli uomini. I culti dell’agora e la costruzione di
Corinto arcaica, Rom 2011.
Rachele Dubbini: Lo spazio dell'aggregazione: choros e dromos nei riti di istituzione
in Grecia. Erscheint 2011/12 inV. Nizzo (ed.): Dalia nascita alla inorte: antropologia
e archeologia a confronto. Atti dell'incontro internazionale di studi in onore di C. Levi-
Strauss. Roma 21 niaggio 2010, 545-552.
Camille Lecompte: Listes lexicales, paysages, travaux agricoles et geographie. In
H. Alarashi et al. (edd.): Regards croises sur l’etude archeologique des paysages anciens,
Maison de l'Orient, Lyon 2011, 241—251.
Camille Lecompte: Zu Dörfern, Weilern und kleineren Siedlungen in vorsargoni-
scher Zeit: Die Entwicklung der Bezeichnungen für ländliche Siedlungen e2 und
e2-duru5. Erscheint 2012 in Rivista degli Studi Orientali.
Camille Lecompte: Untersuchungen zu den Siedlungsstrukturen und ländlichen
Siedlungen im dritten Jahrtausend. Erscheint 2012 in: Mesopotamian History qf the
Early Dynastie Period. Present State and Future Prospects (Akten eines Workshops in
Wien 2011).
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die Mitte des Jahrtausends diese Entwicklung auslösten. Nicht fehlen darf in diesem
Kontext schließlich die bestbekannte antike Reichsbildung. Filippo Carla (Mainz)
setzte sich mit der langen Forschungsdebatte über die Frage auseinander, ob und ab
wann das Römische Reich ein nach außen begrenztes Herrschaftsgebiet kannte und
welchen Charakter demnach seine „Grenzen“ hatten.Während die Forschung heute
dazu neige, das Bild einer mit der inneren Territorialisierung zunehmend scharfen
Begrenzung des römischen Herrschaftsgebietes nach außen durch die Kontinuität
einer offenen „frontier“ zu ersetzen, der ein nie aufgegebener Herrschaftsanspruch
auch jenseits von Rom selbst verwalteter Territorien entsprach, kam Carla zu dem
Ergebnis, dass beide Konzepte schon seit der mittleren Republik nebeneinanderher
existierten und je nach Kontext in der diskursiven und praktischen Ausgestaltung
römischer Herrschaft Anwendung fanden.
In seinen zusammenfassenden Schlussbemerkungen umriss Tonio Hölscher
zentrale Probleme, die sich aus der Diskussion der Tagung für die weitere Arbeit an
diesen Fragen ergeben: die gemeinschafts- und zugehörigkeitsstiftende Funktion von
Raumordnungen, aber auch die in archäologisch und historisch rekonstruierenden
Forschungen notwendigerweise unterrepräsentierte Fluidität und Instabilität solcher
Konstruktionen; oder das bereits bei Marc Redepenning angesprochene Problem, ob
und wie man, trotz des unbestrittenen Konstrukt-Charakters von Raum, auch die
physischen Gegebenheiten von Räumen als Bedingung ihrer Konzeptionalisierun-
gen, Semantisierungen oder Imaginationen einbeziehen und beschreiben kann, ohne
in alte ontologisierende und deterministische Raum-Modelle zurückzufallen. Die
Tagung zeigte mit diesen und anderen Punkten das generelle Potential dieser Fragen
für die Altertumswissenschaften, vermittelte aber auch für die weitere Arbeit im
WIN-Projekt zahlreiche Anregungen.
III. 2011 erschienene oder abgeschlossene projektrelevante Publikationen
Rachele Dubbini: Dei nello spazio degli uomini. I culti dell’agora e la costruzione di
Corinto arcaica, Rom 2011.
Rachele Dubbini: Lo spazio dell'aggregazione: choros e dromos nei riti di istituzione
in Grecia. Erscheint 2011/12 inV. Nizzo (ed.): Dalia nascita alla inorte: antropologia
e archeologia a confronto. Atti dell'incontro internazionale di studi in onore di C. Levi-
Strauss. Roma 21 niaggio 2010, 545-552.
Camille Lecompte: Listes lexicales, paysages, travaux agricoles et geographie. In
H. Alarashi et al. (edd.): Regards croises sur l’etude archeologique des paysages anciens,
Maison de l'Orient, Lyon 2011, 241—251.
Camille Lecompte: Zu Dörfern, Weilern und kleineren Siedlungen in vorsargoni-
scher Zeit: Die Entwicklung der Bezeichnungen für ländliche Siedlungen e2 und
e2-duru5. Erscheint 2012 in Rivista degli Studi Orientali.
Camille Lecompte: Untersuchungen zu den Siedlungsstrukturen und ländlichen
Siedlungen im dritten Jahrtausend. Erscheint 2012 in: Mesopotamian History qf the
Early Dynastie Period. Present State and Future Prospects (Akten eines Workshops in
Wien 2011).