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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 16. Juli 2011
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Grunwald, Reinhard: Lebendiger Geist:Wie geht es?
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0086
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16.Juli 2011

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zwischen Nürnberg und dem Allgäu eingesetzt wurde. Er gewann sogar gegen die
starke Konkurrenz der Siemens-Lehrlinge, die bis dahin alle Preise abgeräumt hat-
ten, den Bayerischen Staatspreis für Mechaniker 1953 — erste Auszeichnung auf einer
langen Liste von Ehrungen, die ihm noch zu teil werden sollten.
Im selben Jahr immatrikulierte er sich an der Universität Heidelberg, um Phy-
sik zu studieren. Er biss sich zunächst durch die Mathematik der ersten Semester
durch, hatte später Spaß an ihr und schloss sich nach dem Vordiplom dem Institut
von Hans Kopfermann an, einer der besten deutschen Schulen der Experimentalphy-
sik. Kopfermann ließ dem wissenschaftlichen Nachwuchs die notwendige Freiheit
und wurde für den sich nun kräftig regenden lebendigen Geist väterlicher Mentor.
Noch heute schwärmt Gisbert zu Putlitz von der unglaublich mitreißenden und begei-
sternden Institutsatmosphäre und den Besuchen berühmter Physiker im Institut: So
besuchte ihn James Franck mehrfach in seinem Labor und fragte ihn darüber aus, was
er denn gerade machte.
Zu Putlitz lernte, als Einzelner und im Team zu arbeiten. Beides, so sagt er, ist
nötig: Gerade als junger Wissenschaftler müsse man Ideen haben und sie umsetzen
können. Zusammenarbeit mit anderen gehöre aber immer dazu: „Als Experimental-
physiker ist man nie wirklich allein.“ (BR alpha-Forum, aaO)
Dass Deutschland ein Bundesstaat werden sollte, war nach der totalen Nieder-
lage des totalitären Zentralstaates ab 1948 nicht nur die Überzeugung der drei west-
lichen Sieger- und Besatzungsmächte, sondern trotz Bedenken der Länderminister-
präsidenten und bei der SPD, auch derVäter des Grundgesetzes. Ich blende die Ent-
wicklung in der DDR zunächst aus und komme darauf im Zusammenhang mit der
Wiedervereinigung zurück.
Die im Grundgesetz vom 23. Mai 1949 verfasste Arbeitsteilung zwischen Bund
und Ländern sieht vor, dass die Länder für alles zuständig sind, was nicht ausdrücklich
dem Bund zugeschrieben wird. Bis auf eine konkurrierende Gesetzgebungszustän-
digkeit im Art. 74 Nr. 13 GG für die Förderung der wissenschaftlichen Forschung war
daher zunächst eine alleinige Landeszuständigkeit für Bildung und Wissenschaft im Sinne
von Lehre und Forschung statuiert. Die Bestimmung im Art. 74 Nr. 13 GG war erst
nach Intervention von Wissenschaftlern unter Führung von Werner Heisenberg auf-
genommen worden, die vor einer Überforderung der Länder und damit Unter-
finanzierung der Wissenschaft als einer Existenzfrage gewarnt hatten (vgl. Olaf Bartz,
Der Wissenschaftsrat. Entwicklungslinien der Wissenschaftspolitik in der Bundesre-
publik Deutschland 1957-2007, Stuttgart 2007, S. 19). Diese Zuschreibung geht auf
die Arbeitsteilung vor 1933 ebenso zurück wie auf das Misstrauen gegenüber einer Zen-
tralgewalt, die ihre Kompetenzen gegenüber der Wissenschaft missbraucht hatte. Stark
gesichert wurde die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre im Art. 5
Abs. 3 GG: Nicht nur Schutz vor staatlichen Eingriffen als Abwehrrecht (status nega-
tivus), vielmehr auch Anspruch auf angemessene Ausstattung bzw. Bestandsschutz
(status positivus) sichert dieses Grundrecht den Grundrechtsträgern: dem einzelnen
Wissenschaftler ebenso wie anerkannten wissenschaftlichen Einrichtungen, vor
allem Universitäten.
 
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