Sabina Paueti
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dieser Forschergruppe erhielt ich eine Nachwuchsgruppenleitungsstelle. Das
bestärkte mich in der Absicht, eine eigene Professur anzustreben. Just zu diesem
Zeitpunkt war in Heidelberg eine C4-Stelle für Entwicklungspsychologie und Bio-
logische Psychologie ausgeschrieben. Zwar rechnete ich mir keine großen Chan-
cen aus, aber versuchen wollte ich mein Glück doch. Gerade die Verknüpfung von
Neuropsychologie und experimental-psychologischer Forschung war schließlich
mein Traum. Dann ging alles ganz schnell. Ich landete auf Platz 1 der Liste. Zur
gleichen Zeit erfuhr ich, dass ich mit meiner zweiten Tochter schwanger war. Das
war fast schon zu viel des Guten, denn nun musste ich in Heidelberg ein neues
Zuhause aufbauen, ein Kind zur Welt bringen, das zweite weiterhin versorgen, einen
Lehrstuhl übernehmen, Labore einrichten und mich in die Neuropsychologie ein-
arbeiten. Zum Glück hat alles gut geklappt und wenn ich auch einige Jahre mit
wenig Schlaf auskommen musste, stehe ich heute als glückliche Mutter zweier
wunderbarer Töchter und Professorin der Universität Heidelberg vor ihnen. Das
Gebiet, mit dem ich mich beschäftige, ist wirklich aufregend und ich würde noch
heute sagen, dass es alle Mühen lohnt. Lassen Sie mich im zweiten Teil meines Vor-
trags darlegen, warum:
Zu meiner Arbeit:
„Cogito - ergo sum“. Diese Aussage von Descartes macht deutlich, dass wir dem
Denken einen hohen Stellenwert beimessen, wenn es darum geht zu bestimmen, was
die Spezies Mensch im Kern von anderen Arten unterscheidet. Und tatsächlich hat
die Fähigkeit zum Denken die Menschheit weit gebracht — zumindest in dem Sinn,
dass wir heute eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die für unser Überleben entschei-
dend sind, kontrollieren können und diesen Machtbereich ständig weiter ausdehnen.
Doch was genau ermöglicht unsere Denkleistungen? Und wie entstehen entspre-
chende Fähigkeiten im Verlauf der Entwicklung?
Von Seiten der Philosophie und der Psychologie wird die Bedeutung der
Sprache für das menschliche Denken besonders betont. So stellt etwa Wilhelm von
Humboldt (zitiert nach Schmidt, 1968) fest: „Die Sprache ist das bildende Organ der
Gedanken.“ Worte sind sowohl in gesprochener als auch in geschriebener Sprache
Symbole, die Bedeutung transportieren. Tiere können solche Symbole nur in sehr
begrenztem Umfang verstehen und sind noch weniger dazu in der Lage, Symbole
sinnvoll zu kombinieren, um sich auszudrücken. Wenn wir als Erwachsene über
etwas „nachdenken“, dann lassen sich die Inhalte dieses Prozesses in der Regel auch
sprachlich fassen. Kombiniert man diese Beobachtung mit Humboldts Aussage, so
könnte man schließen, Denken und Sprache bildeten eine untrennbare Einheit. Für
die Entwicklungspsychologie würde daraus folgen, dass Babys noch nicht fähig sind
zu denken.
Wie der berühmte französische Biologe und Entwicklungspsychologe Jean
Piaget deutlich macht, entwickelt sich die Fähigkeit zum echten Symbolverständnis
erst im zweiten Lebensjahr. Etwa zur gleichen Zeit fangen Kinder auch an, ihre
ersten Worte zu gebrauchen. Lange Zeit nahm man daher an, dass das Denken im
ersten Lebensjahr noch nicht möglich sei. Zu der Zeit, als ich selber Windeln trug,
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dieser Forschergruppe erhielt ich eine Nachwuchsgruppenleitungsstelle. Das
bestärkte mich in der Absicht, eine eigene Professur anzustreben. Just zu diesem
Zeitpunkt war in Heidelberg eine C4-Stelle für Entwicklungspsychologie und Bio-
logische Psychologie ausgeschrieben. Zwar rechnete ich mir keine großen Chan-
cen aus, aber versuchen wollte ich mein Glück doch. Gerade die Verknüpfung von
Neuropsychologie und experimental-psychologischer Forschung war schließlich
mein Traum. Dann ging alles ganz schnell. Ich landete auf Platz 1 der Liste. Zur
gleichen Zeit erfuhr ich, dass ich mit meiner zweiten Tochter schwanger war. Das
war fast schon zu viel des Guten, denn nun musste ich in Heidelberg ein neues
Zuhause aufbauen, ein Kind zur Welt bringen, das zweite weiterhin versorgen, einen
Lehrstuhl übernehmen, Labore einrichten und mich in die Neuropsychologie ein-
arbeiten. Zum Glück hat alles gut geklappt und wenn ich auch einige Jahre mit
wenig Schlaf auskommen musste, stehe ich heute als glückliche Mutter zweier
wunderbarer Töchter und Professorin der Universität Heidelberg vor ihnen. Das
Gebiet, mit dem ich mich beschäftige, ist wirklich aufregend und ich würde noch
heute sagen, dass es alle Mühen lohnt. Lassen Sie mich im zweiten Teil meines Vor-
trags darlegen, warum:
Zu meiner Arbeit:
„Cogito - ergo sum“. Diese Aussage von Descartes macht deutlich, dass wir dem
Denken einen hohen Stellenwert beimessen, wenn es darum geht zu bestimmen, was
die Spezies Mensch im Kern von anderen Arten unterscheidet. Und tatsächlich hat
die Fähigkeit zum Denken die Menschheit weit gebracht — zumindest in dem Sinn,
dass wir heute eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die für unser Überleben entschei-
dend sind, kontrollieren können und diesen Machtbereich ständig weiter ausdehnen.
Doch was genau ermöglicht unsere Denkleistungen? Und wie entstehen entspre-
chende Fähigkeiten im Verlauf der Entwicklung?
Von Seiten der Philosophie und der Psychologie wird die Bedeutung der
Sprache für das menschliche Denken besonders betont. So stellt etwa Wilhelm von
Humboldt (zitiert nach Schmidt, 1968) fest: „Die Sprache ist das bildende Organ der
Gedanken.“ Worte sind sowohl in gesprochener als auch in geschriebener Sprache
Symbole, die Bedeutung transportieren. Tiere können solche Symbole nur in sehr
begrenztem Umfang verstehen und sind noch weniger dazu in der Lage, Symbole
sinnvoll zu kombinieren, um sich auszudrücken. Wenn wir als Erwachsene über
etwas „nachdenken“, dann lassen sich die Inhalte dieses Prozesses in der Regel auch
sprachlich fassen. Kombiniert man diese Beobachtung mit Humboldts Aussage, so
könnte man schließen, Denken und Sprache bildeten eine untrennbare Einheit. Für
die Entwicklungspsychologie würde daraus folgen, dass Babys noch nicht fähig sind
zu denken.
Wie der berühmte französische Biologe und Entwicklungspsychologe Jean
Piaget deutlich macht, entwickelt sich die Fähigkeit zum echten Symbolverständnis
erst im zweiten Lebensjahr. Etwa zur gleichen Zeit fangen Kinder auch an, ihre
ersten Worte zu gebrauchen. Lange Zeit nahm man daher an, dass das Denken im
ersten Lebensjahr noch nicht möglich sei. Zu der Zeit, als ich selber Windeln trug,