Sabina Paneti
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tarten in der Regel Bein-ähnliche Teile hatten. (2) Die Präsentationszeit war viel
kürzer (1 Sekunde statt 10 Sekunden). (3) Reize beider Arten (Standard und Odd-
ball) wurden in einer für das Kind nicht vorhersagbarer Reihenfolge dargeboten.
Damit gab es keine eindeutige Familiarisierungsphase. (4) Es wurden Hirnströme als
abhängige Variablen verwendet.
Ausgehend von diesen Veränderungen vermuteten wir, dass es den Kindern
nur schwer gelingen sollte, während des Versuchs eine differenzierte Merkmalsanalyse
durchzuführen und zu erkennen, worin sich alle Standardstimuli ähneln und von den
Oddballs unterschieden werden können. Auch die automatische Merkmalserken-
nung hatten wir durch die Wahl der konkreten Stimuli weitgehend ausgeschaltet.
Falls es gelingen würde, die korrelative Merkmalsstruktur im Verlauf des Versuchs zu
erkennen, dann würden wir erst nach einer hinreichenden Anzahl von Durchgängen
eine Differenzierung der Nc zwischen Standards und Oddballs feststellen können.
Würden die Kinder die Kategorienzugehörigkeit aufgrund von Vorwissen identifi-
zieren, so müssten sie bereits in der ersten Hälfte der Darbietung einen Oddballeffekt
zeigen und dieser Effekt sollte dann stabil bleiben. Würden sie eine Kategorie erst
neu bilden, dann müsste ihre Leistung in der zweiten Hälfte besser sein als in der
ersten. Am wahrscheinlichsten - so dachten wir zunächst - sei es aber, dass sie ange-
sichts der Heterogenität des dargebotenen Materials, der Kürze der Präsentationszei-
ten und der zufälligen Abfolge von Standards und Oddballs gar nicht in der Lage
sind, beide Reizarten zu differenzieren. Unsere Ergebnisse widersprachen dieser Ver-
mutung: Für 7 Monate alte Kinder fanden wir einen klaren Oddball-Effekt in bei-
den Hälften der Präsentation. Für 4 Monate alte Kinder ergab sich ein überraschen-
der Befund: Sie konnten beide Reizarten in der ersten Hälfte gut unterscheiden, aber
dieser Effekt verschwand in der zweiten Hälfte. Wie lässt sich diese Beobachtung
erklären? Wir vermuteten, dass die jüngeren Kinder bereits eine Repräsentation für
die Kategorien Tiere und Möbel entwickelt haben, die nicht nur Merkmale der
äußeren Erscheinung einschließt sondern auch Verhaltensmerkmale (z. B. die Fähig-
keit, sich selbstinitiiert zu bewegen, zu kommunizieren, zielgerichtet zu handeln),
dass diese Repräsentation aber noch nicht sehr stabil ist, weil die Kinder noch jung
sind und es ihnen an Erfahrung fehlt. Zu Beginn der Präsentation aktivieren die
Merkmale auf den Bildern Erinnerung an das Verhalten entsprechender Exemplare.
Mit anderen Worten: Wenn die 4 Monate alten Säuglinge einen Hund sehen, den-
ken sie an selbstinitiierte Bewegung und zielgerichtetes Verhalten, weil sie bereits
erfahren haben, dass Objekte, die so aussehen, typischerweise entsprechende Verhal-
tensweisen zeigen. Schon bald merken sie aber, dass die Bilder statisch sind und diese
kritischen Merkmale nicht aufweisen. Das verunsichert sie. Nun setzt ein Prozess der
online-Kategorienbildung ein. Weil die dargebotenen Stimuli perzeptuell heterogen
sind, kann dieser Prozess aber im Verlauf der Präsentation nicht abgeschlossen wer-
den. Der Oddball-Effekt geht in der zweiten Hälfte verloren. Um diese Erklärungs-
hypothese zu überprüfen, haben wir Computer-Simulationen der mentalen Prozes-
se laufen lassen, die wir bei den Kindern vermuten. Tatsächlich konnte nur jenes
Computer-Modell die Daten erfolgreich simulieren, das beim Lernen mit zusätzli-
cher Information gefüttert wurde, die eine klare Unterscheidung zwischen Tieren
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tarten in der Regel Bein-ähnliche Teile hatten. (2) Die Präsentationszeit war viel
kürzer (1 Sekunde statt 10 Sekunden). (3) Reize beider Arten (Standard und Odd-
ball) wurden in einer für das Kind nicht vorhersagbarer Reihenfolge dargeboten.
Damit gab es keine eindeutige Familiarisierungsphase. (4) Es wurden Hirnströme als
abhängige Variablen verwendet.
Ausgehend von diesen Veränderungen vermuteten wir, dass es den Kindern
nur schwer gelingen sollte, während des Versuchs eine differenzierte Merkmalsanalyse
durchzuführen und zu erkennen, worin sich alle Standardstimuli ähneln und von den
Oddballs unterschieden werden können. Auch die automatische Merkmalserken-
nung hatten wir durch die Wahl der konkreten Stimuli weitgehend ausgeschaltet.
Falls es gelingen würde, die korrelative Merkmalsstruktur im Verlauf des Versuchs zu
erkennen, dann würden wir erst nach einer hinreichenden Anzahl von Durchgängen
eine Differenzierung der Nc zwischen Standards und Oddballs feststellen können.
Würden die Kinder die Kategorienzugehörigkeit aufgrund von Vorwissen identifi-
zieren, so müssten sie bereits in der ersten Hälfte der Darbietung einen Oddballeffekt
zeigen und dieser Effekt sollte dann stabil bleiben. Würden sie eine Kategorie erst
neu bilden, dann müsste ihre Leistung in der zweiten Hälfte besser sein als in der
ersten. Am wahrscheinlichsten - so dachten wir zunächst - sei es aber, dass sie ange-
sichts der Heterogenität des dargebotenen Materials, der Kürze der Präsentationszei-
ten und der zufälligen Abfolge von Standards und Oddballs gar nicht in der Lage
sind, beide Reizarten zu differenzieren. Unsere Ergebnisse widersprachen dieser Ver-
mutung: Für 7 Monate alte Kinder fanden wir einen klaren Oddball-Effekt in bei-
den Hälften der Präsentation. Für 4 Monate alte Kinder ergab sich ein überraschen-
der Befund: Sie konnten beide Reizarten in der ersten Hälfte gut unterscheiden, aber
dieser Effekt verschwand in der zweiten Hälfte. Wie lässt sich diese Beobachtung
erklären? Wir vermuteten, dass die jüngeren Kinder bereits eine Repräsentation für
die Kategorien Tiere und Möbel entwickelt haben, die nicht nur Merkmale der
äußeren Erscheinung einschließt sondern auch Verhaltensmerkmale (z. B. die Fähig-
keit, sich selbstinitiiert zu bewegen, zu kommunizieren, zielgerichtet zu handeln),
dass diese Repräsentation aber noch nicht sehr stabil ist, weil die Kinder noch jung
sind und es ihnen an Erfahrung fehlt. Zu Beginn der Präsentation aktivieren die
Merkmale auf den Bildern Erinnerung an das Verhalten entsprechender Exemplare.
Mit anderen Worten: Wenn die 4 Monate alten Säuglinge einen Hund sehen, den-
ken sie an selbstinitiierte Bewegung und zielgerichtetes Verhalten, weil sie bereits
erfahren haben, dass Objekte, die so aussehen, typischerweise entsprechende Verhal-
tensweisen zeigen. Schon bald merken sie aber, dass die Bilder statisch sind und diese
kritischen Merkmale nicht aufweisen. Das verunsichert sie. Nun setzt ein Prozess der
online-Kategorienbildung ein. Weil die dargebotenen Stimuli perzeptuell heterogen
sind, kann dieser Prozess aber im Verlauf der Präsentation nicht abgeschlossen wer-
den. Der Oddball-Effekt geht in der zweiten Hälfte verloren. Um diese Erklärungs-
hypothese zu überprüfen, haben wir Computer-Simulationen der mentalen Prozes-
se laufen lassen, die wir bei den Kindern vermuten. Tatsächlich konnte nur jenes
Computer-Modell die Daten erfolgreich simulieren, das beim Lernen mit zusätzli-
cher Information gefüttert wurde, die eine klare Unterscheidung zwischen Tieren