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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Antrittsreden
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Leuthold, Jürg: Antrittsrede von Herrn Jürg Leuthold an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 22. Januar 2011
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0157
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ANTRITTSREDEN

Antrittsrede von Herrn juerg leuthold
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 22. Januar 2011.


Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

mein Beruf ist die Kommunikation — dabei beschäftige
ich mich jedoch nicht mit der Frage, weshalb oder
wofür Kommunikation, nein, ich beschäftige mich ganz
einfach mit der Frage „Wie überträgt man Bits und
Bytes?“.

Seit fast 20 Jahren beschäftige mich nun schon
mit der Physik der optischen Kommunikation bei
höchsten Geschwindigkeiten. Allerdings muss ich die
Sache mit den höchsten Geschwindigkeiten relativie-
ren: Wenn uns noch 1991 das Arbeiten an Kanalraten

von 10 Gbit/s als der Olymp der optischen Kommunikation erschien, so arbeitete
ich im Jahr 2000 ganz selbstverständlich jenseits der 100 Gbit/s, und eben hat meine
Gruppe 26 Tbit/s an Daten auf einen einzigen Laser kodiert und erfolgreich deko-
diert. Das ist derzeit der absolute Weltrekord und übertrifft um einen Faktor 1000,
das was man vor 20 Jahren für machbar hielt. Es ist mit ein Grund dafür, dass bei-
spielsweise das Bloggen im Web fast nichts mehr kostet. Es ist aber auch ein Weltre-
kord auf Zeit. Schon in wenigen Wochen könnte eine andere Gruppe bessere Resul-
tate vorweisen.
Wenn ich in den letzten 20 Jahren etwas gelernt habe, dann dies: Der Fort-
schritt und die Möglichkeiten der Forschung werden mit großer Regelmäßigkeit
unterschätzt. Unsere Vision beschränkt sich nämlich auf die Extrapolation dessen,
was wir wissen und verstanden zu haben glauben. Die Forschung verläuft aber nicht
entlang vorhersehbarer Bahnen — und die Welt um uns herum schon gar nicht. Viel-
leicht ist es gerade dies, was mich an meinem Beruf so fasziniert: Diese immer neuen
Überraschungen weit über das hinaus, was Experten für möglich halten - und was
Anwender für nötig erachten. Lassen Sie mich hier eine Anmerkung machen: vor 10
Jahren hatten Sie und ich eine 56 kbit/s Internetverbindung nach Hause. Heute
können wir 50 Mbit/s haben. Das ist eine um das Tausendfache größere Bandbreite!
Vor 10 Jahren hätten wir nicht einmal eine Anwendung für Privatnutzer nennen
können, welche 50 Mbit/s benötigt. Hätten wir zu diesem Zeitpunkt eine Expertise
abgeben müssen, so wären wir zum Schluss gekommen, dass 50 Mbit/s allenfalls
extravagant aber keinesfalls je notwendig sein dürften. Das liegt wohl daran, dass uns
die Visionen für Anwendungen, welche noch nicht erfunden waren, fehlten. So war
dann Google auch gerade nur mal 1V2 Jahre alt, Ebay und Wikipedia waren eben
erst geboren und TV on Demand oder Facebook gab es noch nicht und gebloggt
wurde nur in ausgemachten Kreisen.
Doch lassen Sie mich von vorne beginnen. Ich wurde als Sohn eines Stickerei-
fabrikanten in Necker, im toggenburgischen Voralpengebiet der Schweiz, geboren.
 
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