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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Antrittsreden
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Leuthold, Jürg: Antrittsrede von Herrn Jürg Leuthold an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 22. Januar 2011
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0158
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Juerg Leuthold

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Ich verbrachte eine unbeschwerte Jugend. In der ersten Klasse waren wir zwei Jun-
gen und vier Mädchen. Es wurden immer drei Klassen zusammen unterrichtet, was
uns nicht zum Schaden gereichte; im Gegenteil, ich wusste so immer die Antworten
auf die Fragen im folgenden Jahr. Die Freizeit verbrachte ich in den Wäldern des
Tals. Nach dem Besuch des Gymnasiums wurde ich wie jeder junge Schweizer von
der Armee eingezogen.
Anschließend studierte ich an der ETH in Zürich Physik, wobei ich mich
letztlich für eine Spezialisierung auf dem Gebiet der Optik & Photonik entschied.
Danach doktorierte ich auf dem Gebiet der optischen Kommunikation und baute
Schalter, welche Licht mit Licht schalten. Diese galten damals als die schnellsten
Schalter der Welt. Mein Doktorvater war Prof. Dr. Hans Melchior. Ich wurde einge-
stellt, ohne dass es ein konkretes Projekt gegeben hätte. So hatte ich das Privileg, mir
selber ein Thema zu suchen. Prof. Melchior verdanke ich im Nachhinein weit mehr,
als mir damals bewusst war. Er legte beispielsweise sehr viel Wert darauf, dass wir das
Wichtige vom Unwichtigen zu trennen lernten. In der Praxis hieß das z. B., dass er
den Mitarbeitern maximal eine Minute Zeit gab, eine Arbeit, eine Idee oder einen
Antrag vorzutragen. Wem es nicht gelang, ihn in dieser einen Minute zu überzeu-
gen, weil er die ersten Sätze irrtümlicherweise mit einer unnötigen Einführung
angefangen hatte oder sich nicht kurz fassen konnte, war schneller aus dem Büro als
er reingekommen war. Im Dezember 1998 promovierte ich und konnte mittlerweile
ein Patent und 15 Publikationen vorweisen. Ich heiratete und erfreue mich nun an
drei Kindern.
Schon vor Ende der Promotion hatte ich ein Angebot für eine Postdoktoran-
denstelle bei den Bell Labs in New Jersey, USA. Die Bell Labs zählten - und zählen
auch heute noch - zu den wichtigsten Labs auf dem Gebiet der Kommunikations-
forschung. Da ich erst im Nachhinein realisierte, wie prestigeträchtig ein Jobangebot
bei den Bell Labs ist, entschied ich mich nach einem Besuch vor Ort, das Angebot
abzulehnen. Meine Arbeit als Postdoktorand bei den Bell Labs hätte darin bestanden,
einen der größten Schalter der Welt zu bauen: Ein Schalter, welcher 1000 x 1000
Fasern miteinander verbinden sollte. Ein wahres Großprojekt, welches mich jedoch
bei dem Gedanken, dass ich derjenige sein würde, welcher die 1000 x 1000 Fasern
anbringen sollte, schwindlig werden ließ.
So entschied ich mich für ein Angebot an der Tokyo University in Japan. Dort
lehrte und forschte Prof. Yoshiaki Nakano, ein weltgewandter Japaner, dessen Ruf
weit über die Landesgrenzen hinausgeht. Er war von meinen Vorarbeiten an der
ETH begeistert und hatte im Hinblick auf mein Kommen bereits umfangreiche
Geräte angeschafft, damit ich zügig fortfahren konnte.
So reiste ich mit meiner Frau nach Japan. Auf dem Weg nach Tokyo machten
wir einen Zwischenhalt in Bangkok. Dort erreichte uns die Nachricht, dass mir die
Bell Labs ein neues Angebot gemacht hätten. Ich hätte auch die Freiheit, mein For-
schungsthema selber zu wählen. So kam es dann, dass ich in Japan ankam und mei-
nem neuen Chef am ersten Arbeitstag die Situation erklären musste. Prof. Nakano
bewies Format als Chef und meinte: „Jürg, if you receive an öfter from Bell Labs you
have to go. This is not a shame for us.We know the hierarchy.” Eine Bitte hatte er
 
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