214
NACHRUFE
Kunstgeschichte, wieder auf. An Heinz Rudolf Rosemann erinnert er sich als einzi-
gen seiner Universitätslehrer, der „in dieser Weltuntergangsstimmung“ noch
menschlich teilnahm. Die Hoffnung, noch vor Kriegsende in Deutschland Examen
machen zu können, erfüllte sich nicht. Und so ging Forssman 1945 als fast Dreißig-
jähriger nach Schweden, „um dort noch einmal von vorne anzufangen“.
In Stockholm verdiente er seinen Lebensunterhalt zunächst beim Bermann-
Fischer-Verlag, der auf Umwegen aus Deutschland ins neutrale Ausland emigriert
war. Eine Hauptaufgaben als Lektor war die Betreuung der Werke von Thomas
Mann. Forssman erinnert sich, wie das Manuskript des Doktor Faustus auf Luftpost-
papier getippt aus Kalifornien in Stockholm ankam, und reklamiert für sich, der erste
Europäer gewesen zu sein, der den Text zu Gesicht bekam, ja der sich in ihm sogar
dadurch verewigen konnte, dass er alle Doppel-S durch die auf der amerikanischen
Schreibmaschine nicht vorhandenen scharfen S ersetzte. Allmählich kam auch das
Studium an der Stockholmer Universität voran. 1951 erlangte Forssman mit einer
ungedruckten Dissertation über die Ornamentik derWasazeit das (etwa einer deut-
schen Promotion entsprechende) Lizentiat, 1956 erfolgte die Habilitation mit einer
Untersuchung über „Säule und Ornament”. Diese Schrift über die Architektur-
bücher und Ornamentvorlagen des Manierismus war eine Pionierarbeit, wurde
durch Forssman doch eine Methode der Bauikonographie und -ikonologie, die
Günter Bandmann, damals Extraordinarius an der Universität Bonn, 1951 mit sei-
nem Buch „Mittelalterliche Architektur als Bedeutungsträger“ erschlossen hatte, für
die frühe Neuzeit fruchtbar gemacht.
Eine Anstellung an der Stockholmer Universität hatten diese Aktivitäten aller-
dings nicht zur Folge. Weil auch der Bermann-Fischer-Verlag Schweden wieder ver-
lassen hatte, nahm Forssman eine Stelle, zuerst als Assistent und 1957 als Direktor, am
Anders-Zorn-Museum im mittelschwedischen Mora an. Der um die Jahrhundert-
wende in Europa und den Vereinigten Staaten ebenso berühmte wie gefragte Maler
und Graphiker Zorn hatte bei seinem Tod im Jahre 1920 dem schwedischen Staat
sein Haus hinterlassen, das bald zu einer der kulturellen Hauptattraktionen Schwe-
dens wurde. Forssman hatte Ausstellungen zu organisieren und den Museumsbe-
stand, darunter Zorns bedeutende Silbersammlung, zu verwalten und bekannt zu
machen. Daneben hielt er aber auch Lehrveranstaltungen an der Stockholmer Uni-
versität ab. Durch Bandmann ermuntert, ließ er 1961 seiner Habilitationsschrift ein
Buch folgen, das bis heute ein Standardwerk geblieben ist: In „Dorisch, Jonisch,
Korinthisch. Studien über den Gebrauch der Säulenordnungen in der Architektur
des 16. bis 18. Jahrhunderts“ geht es um die Weisen der praktischen Umsetzung der
in den Traktaten entworfenen Theorien. Die Teilnahme an einem Kurs des Centro
Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio stiftete 1960 eine Verbindung,
der sich eine enge Beziehung Forssmans zu der (damals noch im Aufbau befindli-
chen) Vic en tiner Institution verdankt. Erster Ertrag ist die 1965 publizierte Untersu-
chung „Palladios Lehrgebäude. Studien über den Zusammenhang von Architektur
und Architekturtheorie bei Andrea Palladio”; aus der Palladiobegegnung der sechzi-
ger Jahre resultiert außerdem das Buch „Venedig in der Kunst und im Kunsturteil
des 19. Jahrhunderts“ von 1971.
NACHRUFE
Kunstgeschichte, wieder auf. An Heinz Rudolf Rosemann erinnert er sich als einzi-
gen seiner Universitätslehrer, der „in dieser Weltuntergangsstimmung“ noch
menschlich teilnahm. Die Hoffnung, noch vor Kriegsende in Deutschland Examen
machen zu können, erfüllte sich nicht. Und so ging Forssman 1945 als fast Dreißig-
jähriger nach Schweden, „um dort noch einmal von vorne anzufangen“.
In Stockholm verdiente er seinen Lebensunterhalt zunächst beim Bermann-
Fischer-Verlag, der auf Umwegen aus Deutschland ins neutrale Ausland emigriert
war. Eine Hauptaufgaben als Lektor war die Betreuung der Werke von Thomas
Mann. Forssman erinnert sich, wie das Manuskript des Doktor Faustus auf Luftpost-
papier getippt aus Kalifornien in Stockholm ankam, und reklamiert für sich, der erste
Europäer gewesen zu sein, der den Text zu Gesicht bekam, ja der sich in ihm sogar
dadurch verewigen konnte, dass er alle Doppel-S durch die auf der amerikanischen
Schreibmaschine nicht vorhandenen scharfen S ersetzte. Allmählich kam auch das
Studium an der Stockholmer Universität voran. 1951 erlangte Forssman mit einer
ungedruckten Dissertation über die Ornamentik derWasazeit das (etwa einer deut-
schen Promotion entsprechende) Lizentiat, 1956 erfolgte die Habilitation mit einer
Untersuchung über „Säule und Ornament”. Diese Schrift über die Architektur-
bücher und Ornamentvorlagen des Manierismus war eine Pionierarbeit, wurde
durch Forssman doch eine Methode der Bauikonographie und -ikonologie, die
Günter Bandmann, damals Extraordinarius an der Universität Bonn, 1951 mit sei-
nem Buch „Mittelalterliche Architektur als Bedeutungsträger“ erschlossen hatte, für
die frühe Neuzeit fruchtbar gemacht.
Eine Anstellung an der Stockholmer Universität hatten diese Aktivitäten aller-
dings nicht zur Folge. Weil auch der Bermann-Fischer-Verlag Schweden wieder ver-
lassen hatte, nahm Forssman eine Stelle, zuerst als Assistent und 1957 als Direktor, am
Anders-Zorn-Museum im mittelschwedischen Mora an. Der um die Jahrhundert-
wende in Europa und den Vereinigten Staaten ebenso berühmte wie gefragte Maler
und Graphiker Zorn hatte bei seinem Tod im Jahre 1920 dem schwedischen Staat
sein Haus hinterlassen, das bald zu einer der kulturellen Hauptattraktionen Schwe-
dens wurde. Forssman hatte Ausstellungen zu organisieren und den Museumsbe-
stand, darunter Zorns bedeutende Silbersammlung, zu verwalten und bekannt zu
machen. Daneben hielt er aber auch Lehrveranstaltungen an der Stockholmer Uni-
versität ab. Durch Bandmann ermuntert, ließ er 1961 seiner Habilitationsschrift ein
Buch folgen, das bis heute ein Standardwerk geblieben ist: In „Dorisch, Jonisch,
Korinthisch. Studien über den Gebrauch der Säulenordnungen in der Architektur
des 16. bis 18. Jahrhunderts“ geht es um die Weisen der praktischen Umsetzung der
in den Traktaten entworfenen Theorien. Die Teilnahme an einem Kurs des Centro
Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio stiftete 1960 eine Verbindung,
der sich eine enge Beziehung Forssmans zu der (damals noch im Aufbau befindli-
chen) Vic en tiner Institution verdankt. Erster Ertrag ist die 1965 publizierte Untersu-
chung „Palladios Lehrgebäude. Studien über den Zusammenhang von Architektur
und Architekturtheorie bei Andrea Palladio”; aus der Palladiobegegnung der sechzi-
ger Jahre resultiert außerdem das Buch „Venedig in der Kunst und im Kunsturteil
des 19. Jahrhunderts“ von 1971.