Erik Forssman
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Speziell an die schwedische Leserschaft wendet sich ein in schwedischer
Sprache verfasstes und 1958 veröffentlichtes Buch über die deutsche Malerei von der
Romantik bis zum Impressionismus. Über das, was er „produktive Zweisprachigkeit“
nennt, meditierte Forssman: „So etwas wie‘Geist der Goethezeit’lässt sich überhaupt
nicht ins Schwedische übersetzen., und ich musste also in meinen schwedischen
Schriften auf die Worte Geist und geistig verzichten. Wenn man eine Zeitlang ohne
übersetzbare Worte ausgekommen ist, merkt man zuletzt, dass es auch ohne sie geht,
was nicht unbedingt ein Nachteil zu sein braucht”.
In Mora, meint Forssman zurückblickend, hätte er sein Leben beschließen
können. Doch die positive Nachkriegsentwicklung in der Bundesrepublik und die
gewachsene eigene wissenschaftliche Reputation motivierten ihn zur Rückkehr
nach Deutschland. 1963 war er ein Semester lang Gastdozent in Freiburg, 1965
Lehrstuhlvertreter in Bonn. Als 1970 Rufe auf Ordinariate in beiden Orten folgten,
war angesichts der akademischen Turbulenzen dieser Zeit die Neigung, Schweden
auf Dauer zu verlassen, im ersten Moment gering. Die Sorge, weniger publizieren
zu können als im Schutze des Museumsamtes in Mora, sollte sich freilich als unbe-
gründet herausstellen. In der Tat war Forssman in Freiburg in den Jahren bis zu
seiner Emeritierung 1984 und nicht minder in den Jahren danach erstaunlich pro-
duktiv. Auf dem Felde der Architektur- und Architekturtheorieforschung veröffent-
lichte er die Bände „II Palazzo da Porto Festa diVicenza“ (1973), „Visible Harmony:
Palladio’s Villa Foscari at Malcontente“ (1973), „Palladio, Werk und Wirkung“ (1997)
und „Der dorische Stil in der deutschen Baukunst“ (2001). In den weiteren Umkreis
dieses Interessenbereiches gehört die Schrift „Quattro secoli di vedutismo venezia-
no ed europeo“ (1986).
Die Themen Goethe und Goethezeit blieben bis zuletzt in Forssmans Blick.
1981 erschien das Buch „Karl Friedrich Schinkel. Bauwerke und Baugedanken“,
1999 der Band „Goethezeit. Über die Entstehung des bürgerlichen Kunstverständ-
nisses“, 2010 der Band „Edle Einfalt und stille Größe Winckelmanns Gedanken über
die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst von
1755”. Auch in der umfangreichen Liste der Aufsätze, Katalogbeiträge und Einlei-
tungen spielt die Thematik eine Rolle; als Beispiel sei der Artikel „Goethe als Bio-
graph und die Ursprünge der Kunstgeschichte“ in der Konsthistorisk Tidskrift
LXVIII von 1999 genannt. Insgesamt ist das Themenspektrum der kleineren Arbei-
ten breit. Es finden sich Beiträge zu Palladio und zum Palladianismus, außerdem zu
Kunsttheorie und Ästhetik, wie „Über Ursache und Wirkung in der Kunstgeschich-
te“ (in: Ästhetik heute, 1974) und „Ikonologie und allgemeine Kunstgeschichte“ (in:
Bildende Kunst als Zeichensystem, I, 1979). Dann aber auch die Untersuchung
„Rembrandts Radierung ‘Der Triumph des Mardochai’“ (in: Zeitschrift für Kunst-
geschichte, 39, 1976) und Beiträge über Anders Zorn und über Zorns berühmteren
skandinavischen Zeitgenossen Edvard Munch. Das Verhältnis der Kunstgeschichte
zur Trivialkunst hat Forssman in seinem Antrittsvortrag in der Heidelberger Akade-
mie im April 1974 erörtert (der Sitzungsbericht erschien ein Jahr später). Mit
Fragen aus dem Bereich des Kunstgewerbes, wie sie sich zum ersten Mal am Anders-
Zorn-Museum in Mora ergeben hatten, beschäftigte sich Forssman auch in späteren
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Speziell an die schwedische Leserschaft wendet sich ein in schwedischer
Sprache verfasstes und 1958 veröffentlichtes Buch über die deutsche Malerei von der
Romantik bis zum Impressionismus. Über das, was er „produktive Zweisprachigkeit“
nennt, meditierte Forssman: „So etwas wie‘Geist der Goethezeit’lässt sich überhaupt
nicht ins Schwedische übersetzen., und ich musste also in meinen schwedischen
Schriften auf die Worte Geist und geistig verzichten. Wenn man eine Zeitlang ohne
übersetzbare Worte ausgekommen ist, merkt man zuletzt, dass es auch ohne sie geht,
was nicht unbedingt ein Nachteil zu sein braucht”.
In Mora, meint Forssman zurückblickend, hätte er sein Leben beschließen
können. Doch die positive Nachkriegsentwicklung in der Bundesrepublik und die
gewachsene eigene wissenschaftliche Reputation motivierten ihn zur Rückkehr
nach Deutschland. 1963 war er ein Semester lang Gastdozent in Freiburg, 1965
Lehrstuhlvertreter in Bonn. Als 1970 Rufe auf Ordinariate in beiden Orten folgten,
war angesichts der akademischen Turbulenzen dieser Zeit die Neigung, Schweden
auf Dauer zu verlassen, im ersten Moment gering. Die Sorge, weniger publizieren
zu können als im Schutze des Museumsamtes in Mora, sollte sich freilich als unbe-
gründet herausstellen. In der Tat war Forssman in Freiburg in den Jahren bis zu
seiner Emeritierung 1984 und nicht minder in den Jahren danach erstaunlich pro-
duktiv. Auf dem Felde der Architektur- und Architekturtheorieforschung veröffent-
lichte er die Bände „II Palazzo da Porto Festa diVicenza“ (1973), „Visible Harmony:
Palladio’s Villa Foscari at Malcontente“ (1973), „Palladio, Werk und Wirkung“ (1997)
und „Der dorische Stil in der deutschen Baukunst“ (2001). In den weiteren Umkreis
dieses Interessenbereiches gehört die Schrift „Quattro secoli di vedutismo venezia-
no ed europeo“ (1986).
Die Themen Goethe und Goethezeit blieben bis zuletzt in Forssmans Blick.
1981 erschien das Buch „Karl Friedrich Schinkel. Bauwerke und Baugedanken“,
1999 der Band „Goethezeit. Über die Entstehung des bürgerlichen Kunstverständ-
nisses“, 2010 der Band „Edle Einfalt und stille Größe Winckelmanns Gedanken über
die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst von
1755”. Auch in der umfangreichen Liste der Aufsätze, Katalogbeiträge und Einlei-
tungen spielt die Thematik eine Rolle; als Beispiel sei der Artikel „Goethe als Bio-
graph und die Ursprünge der Kunstgeschichte“ in der Konsthistorisk Tidskrift
LXVIII von 1999 genannt. Insgesamt ist das Themenspektrum der kleineren Arbei-
ten breit. Es finden sich Beiträge zu Palladio und zum Palladianismus, außerdem zu
Kunsttheorie und Ästhetik, wie „Über Ursache und Wirkung in der Kunstgeschich-
te“ (in: Ästhetik heute, 1974) und „Ikonologie und allgemeine Kunstgeschichte“ (in:
Bildende Kunst als Zeichensystem, I, 1979). Dann aber auch die Untersuchung
„Rembrandts Radierung ‘Der Triumph des Mardochai’“ (in: Zeitschrift für Kunst-
geschichte, 39, 1976) und Beiträge über Anders Zorn und über Zorns berühmteren
skandinavischen Zeitgenossen Edvard Munch. Das Verhältnis der Kunstgeschichte
zur Trivialkunst hat Forssman in seinem Antrittsvortrag in der Heidelberger Akade-
mie im April 1974 erörtert (der Sitzungsbericht erschien ein Jahr später). Mit
Fragen aus dem Bereich des Kunstgewerbes, wie sie sich zum ersten Mal am Anders-
Zorn-Museum in Mora ergeben hatten, beschäftigte sich Forssman auch in späteren