Geza Alföldy
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ausgesprochenen Einladungen in sein Haus in Wiesenbach. Alföldy zeigte seinen
Gästen seine Bibliothek, die Sammlungen von Dias, Sonderdrucken und Abklatschen
von Inschriften, und gewährte vielfältige Einblicke in seine Arbeitsweise. Selbst in
diesen privaten Momenten war er Lehrer.
In den Genuss von Alöfldys unübertroffener Gastfreundschaft sind in seiner
Heidelberger Zeit mehr als 150 ausländische Gastwissenschaftler und Stipendiaten
aus drei Kontinenten gekommen; trotz vielfältiger Arbeitsbelastung fand Alföldy
immer die Zeit, ihre wissenschaftlichen Arbeiten zu lesen und zu korrigieren, Exkur-
sionen für sie und Mitglieder ihrer Familien zu organisieren, Gutachten für sie zu
schreiben. Hiermit nicht genug: Oftmals kam es auch vor, dass er zusammen mit sei-
ner Frau sie auch finanziell unterstützt hat. ,,Er ist ein ganz tüchtiger junger Mann“
(gelegentlich „sie ist eine ganz tüchtige junge Frau“) war ein Satz, den er unzählige
Male sagte, verbunden mit der Bitte, den betreffenden jungen Mann bzw. junge Frau
zu unterstützen. Er war sehr stolz darauf, dass viele seiner „Alumni“ heute Lehr-
stuhlinhaber in Alter Geschichte sind oder andere führende Positionen in wissen-
schaftlichen Institutionen ihrer Heimatländer innehaben. Dabei galt sein Engage-
ment vor allem der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in den ehema-
ligen Ostblockländern.
Obwohl sich Geza Alföldy vor allem mit der Kaiserzeit beschäftigte, hatte er
republikanische Tugenden: auctoritas, fides, munifucentia. Er war äußerst großzügig und
seinen Kollegen, Freunden und Schülern treu. Diese Verinnerlichung von fides und
munificentia führten manchmal zu tiefen Enttäuschungen, wenn seine Bemühungen
um Schüler und Mitarbeiter von den Empfängern seiner Großzügigkeit nicht aner-
kannt wurden. In den Sitzungen der alten Fakultät für Orientalistik und Altertums-
wissenschaften, wo er zweimal als Dekan wirkte (1981-1983 und 1985), strahlte er
Autorität aus und gab einen Eindruck von der Funktion eines princeps senatus im
republikanischen Rom. Aber in der großen Philosophischen Fakultät, deren Bildung
er — m.E. zu Recht — als einen großen Fehler betrachtete, fühlte er sich nicht wohl.
Er spürte dort nicht die gleiche Kollegialität, die das Leben in der alten Fakultät cha-
rakterisierte.
Geza Alföldy war alles andere als ein Stubengelehrter, sondern ganz und gar ein
politischer Mensch und ein engagierter Bürger und Weltbürger. Der brutal nieder-
geschlagene ungarische Aufstand des Jahres 1956, an dem er aktiv teilnahm, war für
ihn persönlich und seine Arbeit ebenso prägend wie später die Flucht in den Westen.
Es ist vielleicht kein Zufall, dass die in seinem Dienstzimmer aufgehängten Photos
von Althistorikern jene von drei Emigranten waren: des in Berlin geborenen und
nach Frankreich emigrierten Juden Hans-Georg Pflaum, des Russen Michael
Rostovtzeff und des Ungarn Andreas Alföldi. 1997 veröffentlichte er ein Buch über
den Ungarischen Aufstand (Ungarn 1956: Aufstand, Revolution, Freiheitskampf, Heidel-
berg 1997, 2. Auflage 1998), in dem er die quellenanalytischen Methoden des Alt-
historikers einsetzte, um ein wichtiges Ereignis der Zeitgeschichte zu analysieren.
Interessanterweise nannte er in den letzten Jahren die Zeitgeschichte Ungarns als
eines seiner Forschungsinteressen. 2000 initiierte er — u. a. zusammen mit Hans-
Georg Gadamer - Proteste gegen das damals geplante Hochschulgesetz Baden-
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ausgesprochenen Einladungen in sein Haus in Wiesenbach. Alföldy zeigte seinen
Gästen seine Bibliothek, die Sammlungen von Dias, Sonderdrucken und Abklatschen
von Inschriften, und gewährte vielfältige Einblicke in seine Arbeitsweise. Selbst in
diesen privaten Momenten war er Lehrer.
In den Genuss von Alöfldys unübertroffener Gastfreundschaft sind in seiner
Heidelberger Zeit mehr als 150 ausländische Gastwissenschaftler und Stipendiaten
aus drei Kontinenten gekommen; trotz vielfältiger Arbeitsbelastung fand Alföldy
immer die Zeit, ihre wissenschaftlichen Arbeiten zu lesen und zu korrigieren, Exkur-
sionen für sie und Mitglieder ihrer Familien zu organisieren, Gutachten für sie zu
schreiben. Hiermit nicht genug: Oftmals kam es auch vor, dass er zusammen mit sei-
ner Frau sie auch finanziell unterstützt hat. ,,Er ist ein ganz tüchtiger junger Mann“
(gelegentlich „sie ist eine ganz tüchtige junge Frau“) war ein Satz, den er unzählige
Male sagte, verbunden mit der Bitte, den betreffenden jungen Mann bzw. junge Frau
zu unterstützen. Er war sehr stolz darauf, dass viele seiner „Alumni“ heute Lehr-
stuhlinhaber in Alter Geschichte sind oder andere führende Positionen in wissen-
schaftlichen Institutionen ihrer Heimatländer innehaben. Dabei galt sein Engage-
ment vor allem der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in den ehema-
ligen Ostblockländern.
Obwohl sich Geza Alföldy vor allem mit der Kaiserzeit beschäftigte, hatte er
republikanische Tugenden: auctoritas, fides, munifucentia. Er war äußerst großzügig und
seinen Kollegen, Freunden und Schülern treu. Diese Verinnerlichung von fides und
munificentia führten manchmal zu tiefen Enttäuschungen, wenn seine Bemühungen
um Schüler und Mitarbeiter von den Empfängern seiner Großzügigkeit nicht aner-
kannt wurden. In den Sitzungen der alten Fakultät für Orientalistik und Altertums-
wissenschaften, wo er zweimal als Dekan wirkte (1981-1983 und 1985), strahlte er
Autorität aus und gab einen Eindruck von der Funktion eines princeps senatus im
republikanischen Rom. Aber in der großen Philosophischen Fakultät, deren Bildung
er — m.E. zu Recht — als einen großen Fehler betrachtete, fühlte er sich nicht wohl.
Er spürte dort nicht die gleiche Kollegialität, die das Leben in der alten Fakultät cha-
rakterisierte.
Geza Alföldy war alles andere als ein Stubengelehrter, sondern ganz und gar ein
politischer Mensch und ein engagierter Bürger und Weltbürger. Der brutal nieder-
geschlagene ungarische Aufstand des Jahres 1956, an dem er aktiv teilnahm, war für
ihn persönlich und seine Arbeit ebenso prägend wie später die Flucht in den Westen.
Es ist vielleicht kein Zufall, dass die in seinem Dienstzimmer aufgehängten Photos
von Althistorikern jene von drei Emigranten waren: des in Berlin geborenen und
nach Frankreich emigrierten Juden Hans-Georg Pflaum, des Russen Michael
Rostovtzeff und des Ungarn Andreas Alföldi. 1997 veröffentlichte er ein Buch über
den Ungarischen Aufstand (Ungarn 1956: Aufstand, Revolution, Freiheitskampf, Heidel-
berg 1997, 2. Auflage 1998), in dem er die quellenanalytischen Methoden des Alt-
historikers einsetzte, um ein wichtiges Ereignis der Zeitgeschichte zu analysieren.
Interessanterweise nannte er in den letzten Jahren die Zeitgeschichte Ungarns als
eines seiner Forschungsinteressen. 2000 initiierte er — u. a. zusammen mit Hans-
Georg Gadamer - Proteste gegen das damals geplante Hochschulgesetz Baden-